Zwar liegt die Aussage schon eine Weile zurück, doch sie ist nicht minder aktuell: auf seiner Facebook-Seite schreibt Herr Goppel von „Qualitätsunterschieden” bei homosexuellen Paaren.
Ich hielt es für angebracht, das mal ganz pragmatisch zu kommentieren.
Sehr geehrter Herr Goppel,
auf die Gefahr hin, dass mein Schreiben in einer Flut von Eingängen untergeht, möchte ich Ihnen dennoch eine kurze pragmatische Rückmeldung zu einem Kommentar bezüglich der Gleichstellung von Lebenspartnerschaften geben, den Sie bereits vor einem Monat auf Ihrer Facebook-Seite veröffentlichten.
Sie sprechen darin von Qualitätsunterschieden, die sich schon in der Bestandssicherung zeigten.
Sie mögen darin Recht haben, dass ein homosexuelles Paar auf rein biologischem Weg keine Kinder hervorbringen kann. Ich könnte nun darauf eingehen, dass das nichts über die Qualifikation als Eltern aussagt, doch ich sehe die große Crux in Ihrer Argumentation an anderer Stelle:
nur durch das Ausbleiben oder Verweigern von Anerkennung und Gleichstellung wird niemand hetero werden und Kinder zeugen. Wir sind homosexuell, egal, ob es in unsere Lebensplanung passt oder nicht.
Der Staat kann sich nun entscheiden, ob er uns wie wir sind voll in die Gesellschaft einbinden sowie von der daraus resultierenden Bindung und Loyalität profitieren möchte.
Die Alternative wäre, uns zu verprellen. Schlussendlich geht es hier nicht ausschließlich um die Frage der Eheschließung, sondern um eine grundlegende Athmosphäre der Anerkennung als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft.
Es gibt eine große Anzahl von Staaten, die Homosexuellen eine solche Anerkennung bieten. Und da sowohl mein Partner als auch ich Mittzwanziger mit höheren Universitätsabschlüssen und großem Fremdsprachenschatz sind, wäre es uns ein Leichtes, dieser Verlockung zu unterliegen.
Das ist keine Drohung, doch eher ein verzweifelter Versuch daran zu erinnern, dass Respekt keine Einbahnstraße ist. Sollten mehrere Betroffene das so sehen und mit ihren Füßen abstimmen, wäre das alles andere als bestandssichernd. Suchen Sie es sich aus.
Mit besten Grüßen
Arthur Schmid
→ versendet per E-Mail am 26. September 2012
Gerade 45 Minuten später kam auch schon eine Antwort:
Sehr geehrter Herr Schmid,
Zuvorderst sei unterstrichen, dass ich mich sehr darüber gefreut habe, dass Sie die Kultur, die Ihre Freunde ohne Gegenleistung von einem wie mir erwarten, praktizieren. Solcher Dialog schafft das Klima, in dem über notwendige gesellschaftliche Neuorientierung geredet werden kann.
Und ich darf daran erinnern: eingemischt in die leidige Debatte um eine staatliche Förderung von Erziehungsaufgaben (Eltern- und Kindergeld) habe ich mich nur deshalb, weil Ihre Freunde meine Bundestagskollegin, Frau Staatssekretärin Katharina Reiche, mit unerträglichem Unflat belegt haben , weil sie darauf aufmerksam gemacht hat, dass es einen Artikel 6 des GG gibt, in dem die Familie mit“Vater,Mutter, Kinder“ definiert wird. Von zwei Vätern oder zwei Müttern ist da , was die Verpflichtung des Staates, ausdrücklich Fördergelder bereitzuhalten, nicht die Rede und daran hat, als das Gesetz verabschiedet wurde auch niemand im entferntesten gedacht.
Damit Sie mich nicht wieder missverstehen: jeder im Land und jede kann sich der Kindererziehung in der Form und Weise widmen, die ihm oder ihr vorschwebt. Das geht im liberalen Rechtsstaat niemanden etwas an, solange er die Kinder dabei nicht benachteiligt und die Förderung, die das Kind auslöst nicht den Adressaten wechselt. Familien im eigentlichen Sinn der Definition, auch Teilfamiien ( mit einem,einer Erziehungsberechtigten)steht diese Förderung und Entlastung zu. Eine Förderung der genannten Art orientiert sich am Kind, nicht allerdings an Partnern und Partnerinnen der Erwachsenen im Familiengrundbestand, die im Einzelfall ja willkürlich und ohne Rücksichtnahme auf die betroffenen Kinder ausgewählt werden.
Noch einmal: in die Lebensplanung der Einzelnen hat sich der Staat nicht einzumischen. Aber es gelten auch seine Förderbedingungen uneingeschränkt und können nirgends willkürlich Anwendung finden.
Kurz und knapp: Thomas Goppel wehrt sich nicht gegen Alternative Lebensformen, aber dagegen, dass die Gesellschaft verpflichtet wird, durch entsprechende Familienförderung das biologisch reguläre Gemeinschaftsmodell zu unterlaufen. Die Beschränkung liegt dabei ausschließlich auf dem Rechtsanspruch, staatliche Leistungen, die die Kinder betreffen, auf Erwachsene zu übertragen, die nicht natürlicher Bestand des Familienmodells sind. Das benachteiligt niemand. Es unterbindet allerdings auch, dass beliebige Formen des Zusammenlebens deckungsgleich gefördert werden wie die natürliche Norm.
Die Unterstellungen, die ich mir gefallen lassen musste, weil ich mich dagegen wehre, dass wir Ausnahmen einnorden, sie damit für richtig erklären, obwohl beabsichtigt war und ist, sie für die Zukunft nicht weiter zu diskreditieren, sind bodenlos. Deshalb bin ich für Ihre besonnene Wortmeldung wirklich dankbar.
Mit freundlichem Gruß
Thomas Goppel